Veloweg

1. Ganz spontan – gab es bei der Durchführung des Rollenspiels ein ‘Aha-Erlebnis’? 

Das Aha-Erlebnis bei dieser Mediation war für mich, dass die Lösungswege nicht schwarz und weiß sind. Obwohl wir eher "aus Versehen" schon in die Lösungssuche geraten waren, fand ich es spannend, von einer Kommilliton:in den Vorschlag zu hören, z. B. statt des Ausbaus des Fahrradwegs, die Fahrgeschwindigkeit für die PKWs auf der Straße zu verringern. Daran konnte ich sehr gut verinnerlichen, dass das Thema Sicherheit auf verschiedene Wege angegangen werden kann. Auch das Brainstorming nach der Mediation hat das nochmal für die anderen Konfliktpunkte verdeutlicht. Ich finde allein, wenn die Parteien, so wie ich als Vertreterin der Stadt, das schon erkennen, ist schon viel gewonnen, weil man dann richtig ins verhandeln kommen kann. 

Als Mediator:in war für mich ein Aha-Moment, dass von mir auch erwartet wird Fragen zu stellen, um dabei zu helfen, dem Problem tiefer auf den Grund zu gehen. Vorher dachte ich, ich möchte so schnell wie möglich, dass die Parteien selbst ins Gespräch über den Konflikt zu kommen. Aber im Grunde kann und sollte ich als Mediatorin ganz bewusst mit Fragen unterstützen und den Konflikt (sowie die Interessen) in Tiefe verstehen. 


2. Was haben Sie in der Rolle der Mediatorin/des Mediators gut gemacht? Aufgrund dieser Erfahrung – auf was werden Sie bei der Vorbereitung eines Konfliktgesprächs in Zukunft besonders achten? Oder: Falls Sie diese Rolle nicht hatten, was hat die Mediatorin/der Mediator gut gemacht? 

In der Mediation zum Veloweg war ich das zweite Mal Mediatorin. Ich habe mir dieses Mal meine Notiz aus der letzten Mediation in Erinnerung gerufen und bin die Einführung aus meiner Sicht mit deutlich mehr Gelassenheit angegangen und habe mir Zeit genommen alle Punkte entspannt durchzusprechen. Dabei habe ich gemerkt, dass es mir so auch leichter fällt das Gespräch zu leiten und ich mich nicht so hilflos und chaotisch fühle. Anschließend habe ich eine Themenliste angefertigt. Mein Ziel war es, bereits nach der ersten Schilderung der Parteien wichtige Themen dort festzuhalten, die wir im Laufe des Gesprächs besprechen müssen. Nach jeder Positionierung habe ich die Standpunkte zusammengefasst und kurz nachgefragt, ob die Liste vollständig ist. Als Feedback kam von meinen Kommilliton:innen zurück, dass die Liste sehr hilfreich und überichtlich war. Allerdings kamen im Verlauf des Gesprächs noch weitere Punkte auf, die ich dann eigenständig ergänzt habe. Aus Sicht der Teilnehmenden wäre es besser gewesen, am Anfang kurz mitzuteilen, dass die Liste jederzeit ergänzt werden kann, sollten den Teilnehmenden noch weitere Punkte einfallen, die Sie besprechen möchten. 

Um über die Themen ins Gespräch zu kommen hatte ich folgende Fragen gestellt: Welche Themen sind Ihnen von der Liste besonders wichtig und warum? Gibt es gemeinsame Themen? (um Gemeinsamkeiten ausfindig machen und zu zeigen, dass der Quartiersverein und die Stadt Naturschutz und Sicherheit gleichermaßen schätzen). Meine Überlegung dahinter war, ausfindig zu machen, welche Punkte das meiste Konfliktpotenzial innehaben und sich vielleicht zunächst darauf fokussieren zu können und durch die Gemeinsamkeiten eine angenehme Gesprächsbasis zu schaffen. Das ist auch ganz gut gelaufen, allerdings hätte ich eine Karte (wie in der 1. Mediation angefertigt wurde) nützlich gefunden, damit die Parteien sich besser austauschen können. Außerdem möchte ich mir die Fragetypen noch mehr verinnerlichen, weil ich gerade beim Abschnitt zu den Interessen noch nicht genau wusste, mit welchen Fragen ich das Gespärch sinnvoll leiten kann.


3. Notieren Sie hier ganz kurz eine Konfliktsituation, welche Sie erlebt haben. Stellen sie sich vor, dass Sie dazu eine Mediation machen würden. Wie würden Sie sich darauf vorbereiten? Können Sie Ihre eigenen Interessen und diejenigen der ‘Konfliktpartei’ benennen?

Hier musste ich an eine Situation denken, in der es um die Notenvergabe in einem Kurs ging. Aus meiner Sicht und der von vielen weiteren Kommilliton:innen war die Notenvergabe nicht verhältnismäßig zu dem, was zuvor in der Besprechung der Prüfungsleistung als Anforderungen genannt wurde. 

  • Partei A findet die Benotung entsprechend unfair und kann die Begründungen für Punktabzüge nicht nachvollziehen. 
  • Partei B (in dem Fall, der Lehrende) hält die Benotung der Leistungen der Studierenden für angemessen. 

Da ich selbst auch nicht zufrieden war mit der Benotung, könnte ich bei der Mediation vermutlich nicht ganz neutral sein. Dennoch habe ich mir ein paar Punkte überlegt, die ich bei der Mediation wichtig finde: 

1) Ich würde mich vorbereiten, indem ich mir anhöre, ob es sich um einen Einzelfall "Ich finde meine Note ungerecht" oder, um die gesamte Gruppe handelt "Wir finden die Noten passen nicht zu unserer erbrachten Leistung", um zu schauen, wer bei der Mediation dabei sein sollte: Einzelpersonen oder ein/e Repräsentant:in.

2) Ich würde mir Informationen zur Notenvergabe und zu den Prüfungleistungen in diesem Kurs einholen, um zu wissen, was die Anforderungen waren und wie die Prüfungsleistung aussah. Ich würde ggf. sogar die Angaben aus der Modul/Kursbeschreibung ausdrucken, um sie bei der Mediation verwenden zu können.

Ich finde es schwer, hier die Interessen beider Konfliktparteien zu benennen, da die Noten normalerweise nicht "verhandelbar" oder "debattierbar" sind. Bei Partei A vermute ich, dass das Interesse darin besteht, für die geleistete Arbeit anerkannt zu werden; nachvollziehen zu können, was die Begründungen für Punktabzüge sind und ggf. aussprechen zu dürfen, ungerecht behandelt worden zu sein. Bei Partei B fällt es mir schwerer, aber ich vermute, dass die Interessen hier sind, dass die Studierenden die Benotung anerkennen und keine individuelle Anpassung der Noten stattfindet. 





Kommentare

  1. Liebe Selina,
    Vielen Dank für den ausführlichen Blog! Ich fand dich als Mediatorin sehr kompetent, da du auch gute Fragen gestellt hast und ruhig die Situation durchgegangen bist. Die Gemeinsamkeiten zu finden bei den Themen fand ich fast überraschend, da man nicht gedacht hätte, dass es so viele sind. Wie du bereits erwähnt hast, wäre der Einstieg noch zu verbessern um die Forderungen und Ausgangslage der Parteien vollständig zu verstehen.

    LG S

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  2. Liebe Selina, danke für deinen ausführlichen Beitrag! Es freut mich zu lesen, dass du dich beim zweiten Mal lockerer gefühlt hast und du dir mehr Zeit genommen hast. Man darf sich wirklich die Zeit nehmen als Mediatorin und muss nicht möglichst schnell durch das Gespräch führen.
    Bei deinem Beispiel finde ich es eine gute Idee mal als erstes zu schauen, ob das alle Studierenden aus dem Kurs betrifft oder nur wenige. Je nachdem, würde ich dann auch unterschiedlich vorgehen.
    liebe Grüsse
    Rahel

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